Bundestag perplex: Zählt Lobbyismus als Arbeitszeit?

Arbeitszeiterfassung

Gestern der Paukenschlag: Der EuGH urteilt, dass Arbeitgeber in Zukunft die Arbeitszeit ihrer Angestellten korrekt erfassen müssen. Bisher galt das in Deutschland nur für Überstunden. Wenn man also wusste, dass der Angestellte bereits zehn Stunden gearbeitet hatte, musste man die weiteren vier Stunden notieren. Jetzt plötzlich alles ganz anders!

Im Bundestag ist man deshalb verunsichert. Was, wenn einem unter der Dusche plötzlich einfällt, das weniger Lebensmittelkontrollen eine gute Idee sind? Arbeitszeit? Freizeit? Oder darf man politische Entscheidungen jetzt gar nicht mehr unter der Dusche fällen?

Arbeitszeiterfassung unter der Minister-Dusche?

Bisher basiert das Beschäftigungsverhältnis von Bundestagsabgeordneten auf dem Konzept der Vetrauensarbeitszeit: Der Wähler wählt sie für vier Jahre und vertraut darauf, dass die Politiker schon genug arbeiten werden. Deshalb können Bundestagsabgeordnete auch gleichzeitig mehrere Mandate halten. In Brüssel und Berlin im Parlament zu sitzen, war bis dato kein Problem: Der Doppelbelastung wurde einfach doppelt vertraut.

Am brisantesten dürfte es aber in Sachen Lobbyarbeit werden. Muss der FDP-Abgeordnete in Zukunft mit der Stechuhr im Borchardt aufkreuzen, wenn ein Geschäftsessen mit der DEHOGA ansteht? Und wenn die Drogenbeauftragte der Bundesregierung Marlene Mortler mal wieder eine ganze Stunde gebraucht haben sollte, um Alkohollobbysätze auswendig zu lernen („Warum ist Cannabis verboten?“ – „Weil Cannabis eine illegale Droge ist, P U N K T.“)? Arbeitszeit? Vergebene Liebesmüh?

In jedem Fall stehen grundlegende Veränderungen an. Als erste Maßnahme diskutieren parteiübergreifende Kreise eine Erhöhung der Diäten.