Martin Schulz und das Warten auf Godot

Martin Schulz

Die SPD erwacht aus ihrer Groko-Gruft und wittert Morgenluft. Doch es scheint als bliebe der Totgesagte auch bei Tageslicht ein Untoter. Denn obwohl Kandidat Martin Schulz derzeit die Sehnsucht nach Wechsel auf sich vereint, fehlt ihm der Wille zum Wechsel. Das Land wartet auf Godot, aber heute kommt er nicht mehr.

Martin Schulz will auf die Menschen hören, nicht auf die Eliten. Er will Managergehälter begrenzen, als würde das irgendein Problem lösen. Als wäre soziale Ungleichheit ein Problem des Zuviels anstatt des Zuwenigs. Er will den Bezug des Arbeitslosengeld I für Ältere ausweiten. Als wären ein paar kosmetische Mängel alles, was mit der Agenda 2010 verbrochen wurde. Schulz will befristete Arbeitsverhältnisse erschweren – als wäre ein langfristig gesichertes Darben eine zufriedenstellende Perspektive.

Diese Ideen sind nicht alle falsch. Aber sie stellen keinen Politikwechsel dar. Sie lösen keins der grundsätzlichen Probleme unserer Gesellschaft. Ein paar Stellschrauben neu zu justieren, lässt die Achterbahn bestenfalls geschmierter laufen. Aber der Kurs bleibt derselbe. Mit der SPD des 21. Jahrhunderts bricht Martin Schulz deshalb keineswegs. Sein Mantra ist das „Weiter so, aber“, ganz egal ob er mit einem eigenen Stil oder einem frischen Gesicht daherkommt. Ein kleines aber hinter dem „Weiter so!“ wird die Sozialdemokratische Partei jedoch nicht retten können und, was weitaus schlimmer ist, erst recht nicht die Sozialdemokratie selbst.

Die fundamental neue Politik, die dieses Land so dringend bräuchte, wird Martin Schulz also nicht betreiben. Sein populistisches Spiel mit den Sehnsüchten der Menschen funktioniert aber gerade weil sie auf jemanden warten, der besser ist als Schulz. Die Frage lautet nun nur noch, wann sie aufstehen, um jemand anderem zu folgen.

»Komm, wir gehen.«

»Wir können nicht.«

»Warum nicht?«

»Wir warten auf Godot.«

»Ach ja.«