Erschienen Juni 2013
Quoten. Bevorzugung bei gleicher Qualifikation. Weltfrauentag. Nicht erst seit Journalistinnen Inhalte weinseliger Hotelbargespräche öffentlich machen, gilt die Frauenförderung und Gleich-, ja gleich- was eigentlich, als oberstes Prinzip einer politischen Korrektheit, die Männer sensibel und Frauen chancengleich machen soll. Alles gut also an der Geschlechterfront? Mitnichten, beklagt Bettina Merthes, mit 32 Jahren Aufsichtsratsmember („Mitglied“ ist sexistischer Sprachgebrauch, die Red.) eines großen DAX-Unternehmens. Ein Gespräch über das neue Leid der alten Geschlechter und darüber wie Gleich-, ja gleich- was eigentlich, eine junge Frau um ihre Träume brachte.
Vernunftparasit: Frau Merthes, sie sind 32 Jahre jung und stehen bereits an der Spitze der gängigen Karriereleiter. Sind sie eine Kriegsgewinnlerin zwischen den Geschlechterfronten?
Frau Merthes: Ich bin Ware, Material, ein Paket im Arsenal. Ich habe ein sechsstelliges Jahreseinkommen. Lebe in einem freistehenden Haus mitten in der Stadt. Das mag man als Gewinn bezeichnen. Aber meinen Mann bin ich los. Die Samstagabende verbringe ich auf Ü30-Parties für Singles mit Niveau. Aber da sind keine Männer. Da sind Menschen, denen ein Penis gewachsen ist und die vergessen haben, wozu er gut ist. Und Frauen, die sich einen Penis wünschen. Das ist meine Realität an der Geschlechterfront.
Vernunftparasit: Macht der gesellschaftliche Diskurs, das Dogma der Gleich-, ja gleich- was eigentlich, die Menschen also eher unglücklich?
Frau Merthes: Ich weiß es nicht. Stellen sie sich vor, sie sind eine Maus. Und dann sagt ihnen jeder, dem sie tagtäglich begegnen, das sie keine Maus sein sollten. Abends sitzen sie in ihrer Mäusehöhle, schalten den Fernseher ein und was sagt der? Blöde Maus. Werd ein Frosch. Ich glaube, das frustriert, verunsichert.
Vernunftparasit: Wie sind ihre persönlichen Erfahrungen in Sachen Geschlechterpolitik?
Frau Merthes: Als ich noch ein Kind war, wollte ich eigentlich nur eins: Familie. Und einen Garten, mit etwas Platz für eigene Erdbeeren. Von Karriere und Aufsichtsratsitzungen schwante mir nichts. Nun habe ich ein Haus, das ich nicht bewirtschaften kann, eine 60 Stunden Woche und eine Scheidungsurkunde. Und ja: Schuld ist die Gleichmacherei. Die Förderung von Frauen, die eigentlich bedeutet: Wir fordern es von euch. Zeig dich gefügig.
Während meines Studiums war noch alles gut, ich lernte meinen Ex-Mann kennen, wir waren glücklich. Dann kam mein Berufseinstieg, der Druck, die Erwartungen, die Hosenanzüge. Die Bevorzugung durch Vorgesetzte, die Anti-Diskriminierungsgesetze, die Samthandschuhe mit denen ich angefasst wurde. Mein beruflicher Aufstieg ließ sich gar nicht verhindern, ich war eine der wenigen Frauen, ich musste nach oben, die Firma brauchte das. Reine Männerrunden galten plötzlich als altmodisch. In den Meetings wurde erst das Rauchverbot eingeführt, dann Chanel No. 5.
Vernunftparasit: Beklagen sie, dass es ihnen zu leicht gemacht wurde?
Frau Merthes: Es war nicht leicht, nicht einen Moment lang. Ich und meine Kolleginnen waren die Sebastian Deislers der Wirtschaft. Vereinzelte Hoffnungsträger, der heilige Gral. Das Unternehmen fürchtete angesichts der gesellschaftlichen Debatte einen Imageverlust, aber hochqualifizierte weibliche Kräfte waren nicht zu bekommen. Also wurden sie gemacht. Und das ist der Punkt: Wir hatten keine Wahl. Abteilungsleiterin, das wäre mein Horizont gewesen. 45-Stunden-Woche und meine Erdbeeren. Aber Frauenförderung bedeutete für uns: Sei keine Maus. Wir machen dich zum Frosch. Haben sie mal Froschschenkel gegessen?
Vernunftparasit: Und ihr Mann kam mit ihrem Erfolg nicht zu Recht?
Frau Merthes: Mein Mann wusste nicht, wie er damit umgehen sollte. Ich war länger weg als er, in London, in New York, ich kam nach Hause und bezahlte den neuen Wagen. Ich kam nach Hause und er hatte gekocht. Er kann nicht kochen, er kann nicht mit Kindern, er kann Fußball spielen und Menschen für Dinge begeistern, sie führen. Aber zu Hause, bei uns, da hatte er seinen Rang verloren. Er war nicht der Ernährer, er war nicht mal mehr der Beschützer als wir die neue Alarmanlage eingebaut hatten und schließlich auch nicht mehr mein Liebhaber. Irgendwann kaufte er einen George-Foreman-Grill und aus Argentinien eingeflogenes Rumpsteak. Er hat sich eine letzte Bastion der Männlichkeit gesucht. Als ich dann einen Grillkurs belegte, war es aus.
Vernunftparasit: Was wünschen sie sich von der Politik und von der Gesellschaft?
Frau Merthes: Der Weltfrauentag wurde eigentlich eingeführt um Frauen das Wahlrecht zu ermöglichen. Das haben wir bekommen, aber dieser ganze Genderschmutz nimmt es uns gerade wieder weg. Es heisst nun: Du bist Hausfrau? Ach Gott, da kann man doch was machen. Ich will ein Recht auf meine Erdbeeren. Selbstverwirklichung und Selbstbestimmung, das wollte die Frauenbewegung ursprünglich. Stattdessen sollen wir nun die selben Rollen und Lebensentwürfe wie die Männer übernehmen, während sich diese verdrängt und bedroht fühlen ob der neuen Konkurrenz. Frieden nicht in Sicht.
Vernunftparasit: Sie sagen, man habe ihnen einen Lifestyle aufgedrängt, den sie nicht wollten, die Männer würden verunsichert, flüchten. Ist die Gleich-, ja gleich- was eigentlich, wider der menschlichen Natur?
Frau Merthes: Ich habe mich nie für die MINT-Fächer interessiert. Aber eines weiß ich: Gleich sind wir nicht. Eigentlich ist das in die ganze Debatte auch eingepflanzt: Gleiche Arbeit, gleiches Gehalt. Sie verstehen? Was gleich ist, wird gleich behandelt. Das ist keine Forderung von Feministen, Emanzen oder Karrierehuren. Das ist ein Grundsatz irgendwo zwischen Humanismus und Aufklärung und mehrere hundert Jahre alt. Doch im heutigen Diskurs wird dieser kleinste logische Nenner pervertiert. Alles soll gleich sein. Was nicht gleich ist, wird gleich gemacht. Gleiches Gehalt, Gleichstellungsbeauftragte, Gleichlaut, Gleichgesinnt, Gleichgeartet und am Ende = Depression. Aber wer die Geschlechter abschafft, schafft die Menschen ab.
Vernunftparasit: Frau Merthes, vielen Dank für das Gespräch.
(Satire)
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