Die Arroganz der nicht mehr schweigenden Mehrheit

Schweigende Mehrheit

Endlich spricht mal einer aus, was wir alle denken! Sigmar Gabriel nennt die fremdenfeindlichen Asylgegner „Pack“, Bundespräsident Joachim Gauck spricht von „Dunkeldeutschland“. Joko und Klaas benutzen stellvertretend für die Generation Y Vokabeln wie „Intelligenzflüchtlinge“ und „erbärmliche Trottel“. Doch so wichtig es auch ist, Stellung gegen den Fremdenhass zu beziehen, so wenig ist die Diffamierung von Rassisten eines anderen Geistes Kind.

Natürlich sind Menschen, die geplante Flüchtlingsunterkünfte anzünden oder vor bereits bestehenden demonstrieren und randalieren, moralisch betrachtet auf einem erbärmlichen Niveau. Ihre Weigerung, an rationalen Argumentationen teilzuhaben, ihre blinde und simple Emotionalität sind Ausdruck einer erschreckenden Empathielosigkeit.

Die überfällige Reaktion auf diese Vorfälle sollte jedoch gerade nicht in der Ausgrenzung der Rassisten bestehen. Wo sich Fremdenfeinde gegen Menschen richten, richtet sich auch das Vokabular der prominenten nicht mehr schweigenden Mehrheit gegen die Menschen, die Fremdenfeinde trotz allem sind. Joko und Klaas dürfen das als Kabarettisten im weitesten Sinn, unsere Politik-Elite nicht.

Die Verurteilung der Taten und der fremdenfeindlichen Ideologie ist unbedingt von Nöten. Zudem ist der Hass gegen Rassisten weitaus verständlicher als jener gegen Ausländer. Er scheint einem guten Zweck zu dienen, nämlich fremdenfeindliches Gedankengut als nicht salonfähig zu brandmarken. Aber es bleibt Hass. Wenn man eine Bevölkerungsgruppe als Schmarotzer bezeichnet und sie loswerden will, dann macht man sie damit zu Menschen zweiter Klasse. Eine Bevölkerungsgruppe als Pack und Bewohner Dunkeldeutschlands zu bezeichnen, bewirkt jedoch genau dasselbe.

Die weißen Ritter reiten auf hohem Roß. Man müsste fragen, warum es diese Menschen gibt. Wieso sie überhaupt irgendjemanden für irgendetwas verantwortlich machen müssen. Warum sie bereit zu Gewalt gegen Sachen sind und von Gewalt gegen Menschen zumindest fantasieren. Wieso sie nicht sehen können, dass dort Menschen an den Rand ihres Ortes gezogen sind, Menschen die Unvorstellbares erlitten haben. Wieso sie kein Vertrauen in ihre Regierung haben, nur denen zu geben, die es dringend benötigen.

Aber die Gaucks und Gabriels unseres Landes übersehen diese Fragen. Vielleicht weil sie sich schon lange vor Freital und Heidenau nicht für die Belange dieser Menschen interessiert haben.